Weniger ist mehr
Weniger, regional und nachhaltig: Wenn wir unseren Konsum darauf reduzieren, können wir nicht nur CO2 einsparen, sondern auch wichtige Ressourcen. Wie das mit Hilfe von Zero-Waste-Prinzipien in einer Berliner Kita gelingt, erfährt die Redakteurin Emilia Miguez von Jana Papenbroock, die zu den Gründungseltern gehört.
An einem Eckhaus fallen blühende Kästen auf. Mit Minze und Petersilie, bunten Blumen und einer bequemen Holzbank lädt die kleine Oase zwischen hohen Häuserwänden zum Verweilen ein. Es ist der Vorplatz des inzwischen seit drei Jahren bestehenden, inklusiven Kinderladens »Pankonauten« am Humboldthain im Berliner Stadtteil Wedding. Für 18 Kinder von eins bis sechs Jahren bietet er täglich ein pädagogisches Programm ganz im Sinne der Nachhaltigkeit, genauer Zero Waste. Doch was meint Zero Waste, also null Abfall, im Kontext einer Kindertagesstätte? Tragen die Kinder keine Windeln? Was gibt es zu essen? Welche Spielsachen stehen zur Verfügung? Muss man auf alles verzichten? Mit all diesen Fragen habe ich Jana Papenbroock getroffen. Sie ist in der Kita für die Elternarbeit im Bereich Nachhaltigkeit verantwortlich. Die Dokumentarfilmerin engagiert sich seit Jahren für einen öko-sozialen Transformationsprozess.
Mit der Initiative »LebensMittel-Punkte«, über die sie aktuell einen Dokumentarfilm dreht, unterstützt sie die Ernährungswende. LebensMittelPunkte bringt regionales, ökologisches Essen direkt von Landwirt:innen aus Brandenburg kostengünstig an Berliner:innen – ohne den Umweg über einen Zwischenhändler. Der erste Berliner LebensMittel-Punkt entsteht direkt um die Ecke des Kinderladens, im Weddinger »Baumhaus«, einem Projektraum für sozialökologischen Wandel. Dort erhalten Jana Papenbroock und einige Eltern aus ihrer Kita ihr Essen unverpackt und frisch vom Feld. Als sie mir davon erzählt, spüre ich sofort, wie sehr sie dafür brennt.
Früher Pizza, heute Kinder
Ihre Tochter Pola besucht die Pankonauten seit der Gründung. Es ist früher Nachmittag und wir winken ihr zu, als sie mit anderen Kindern und Erzieher:innen den Kinderladen verlässt, um auf dem nahegelegenen Spielplatz den gemeinsamen Tag ausklingen zu lassen. In Berlin gibt es traditionell viele Kinderläden und auch heute gründen sich immer wieder solche kleinen Initiativen, die sich, ihrem Namen folgend, häufig in ehemaligen Ladenflächen im Erdgeschoss von Wohnhäusern befinden. Viele haben keinen eigenen Außenbereich und nutzen deswegen die anliegenden Spielplätze. Mit großem Engagement haben die Eltern der kleinen Pankonauten eine ehemalige Pizzeria in einen nachhaltigen Kinderladen verwandelt. Unter der Regie von Berliner Architekt:innen haben sie Bauschutt weggeräumt und Wände gestrichen, alles ehrenamtlich. Sogar die Kinder waren bei den Bauarbeiten dabei, erinnert sich Jana Papenbroock. Beim Ausbau wurde darauf geachtet, nachhaltige Materialien mit einer guten Ökobilanz (erneuerbar, abbaubar) zu verwenden. Die Räume wurden daher in Massivbauweise aus Furnierschichtholz und Massivholz aus heimischer und nachhaltiger Forstwirtschaft gestaltet.
Bunte Stoffbeutel
Wie viele Elterninitiativen ist auch ihr Kinderladen aus der Not heraus entstanden, denn vor drei Jahren war der Mangel an Kita-Plätzen in Berlin besonders groß. »Und wenn man schon beschließt, eine neue Kita zu gründen, dann will man es natürlich auch richtig machen«, sagt Jana Papenbroock. In Anbetracht der aktuellen ökologischen Krise stellten sich die Eltern ihrer individuellen Verantwortung und der Frage, was sie dazu beitragen können, um weniger Ressourcen zu verschwenden. Da bislang noch kein Kindergarten in Berlin existierte, der sich den Zero-Waste-Prinzipien verschrieben hatte, setzten sich die Pankonauten ohne Vorbilder an ihr Konzept und waren von Anfang an mit vielen Herausforderungen konfrontiert.
Viele nachhaltige Bauweisen konnten nicht umgesetzt werden, da es von der Stadt strenge Auflagen für den Bau von Kindertagesstätten gibt. »Wir durften keine Second-Hand-Materialien für den Ausbau verwenden, nicht einmal gebrauchte Fliesen. Nun ist am Ende alles neu, aber von besonders guter Qualität, damit es auch wirklich lange hält.« Jana Papenbroock ist stolz darauf, wie schön alles geworden ist. Im Eingangsbereich staune ich über die liebevoll konstruierte Garderobe aus Holz. An den Haken hängen bunte Stoffbeutel für den Transport dreckiger Wäsche nach Hause. Auch für die Stoffwindeln, auf die viele Eltern der kleinen Pankonauten setzen. Nicht in jeder Kita ist willkommen, was bei den Pankonauten ein wichtiger Stützpfeiler ihres Zero-Waste-Konzepts ist. Zukünftig sollen Kurse noch mehr Eltern ermutigen, Stoffwindeln zu verwenden. Auf den Toiletten und im Waschraum hängen Handtücher, die regelmäßig gewaschen werden. Die Papierhandtücher lassen sich somit leicht einsparen. Einige Hygienestandards jedoch machen es unmöglich ganz auf Abfall zu verzichten. Der Seifenspender aus Plastik z.B. ist vorgegeben. Ihn durch ein Seifenstück zu ersetzen, ist leider nicht erlaubt.
Emilia Miguez ist Redakteurin bei Betrifft KINDER in Deutschland, engagiert sich für das Netzwerk »Kinder in Europa heute« und möchte natürlich auch noch die Welt retten.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe KINDER in Europa heute 05/23 lesen.