Kinderkunst aus aller Welt: Neuseeland
Wie passen Kunst und ökologisches Denken zusammen? Wie ergänzen sich ästhetische Bildung und Gedanken zur Bildung für nachhaltige Entwicklung? Im vierten Teil der Serie »Kinderkunst aus aller Welt« führt uns Sibylle Haas nach Neuseeland, wo sich die Pädagoginnen bei ihrer Arbeit mit den Kindern auch von den Maori und ihrem Verhältnis zur Natur inspirieren lassen, das vom Einklang mit der Natur geprägt ist.
Ein kühles Fußbad an einem warmen Sommertag in einem Kindergarten in Wellington: Stöckchen schwimmen in einer Wanne. Paul überlegt: »Kann ich die mit den Zehen herausfischen?« Wasser steht bei den Kindern gerade im Mittelpunkt des Interesses. Sie lernen achtsam damit umzugehen. Es wird nachgedacht, was Wasser bewirkt, woher es kommt und wohin es geht. Die Kinder malen auch mit Wasser auf Asphalt oder Steinplatten – Zauberbilder, die sich schnell verflüchtigen. Sie erkennen: Nicht alles, was interessant ist, kann man festhalten, so wie ein Schmetterling, der vorbei fliegt.
Ephemere Kunst
Ephemer bedeutet: kurzzeitig, momentan, dahinschwindend, vergänglich, flüchtig, vorläufig, unbeständig, vorübergehend, kurzlebig. Es gibt KünstlerInnen, die schaffen ganz gezielt ephemere Werke. Zumeist verwenden sie dafür Materialien aus der Natur. Wenn die Kunstwerke fertig und gefeiert worden sind, wenn sie fotografiert und dokumentiert wurden, fließen sie wieder in den Naturkreislauf zurück. Der bekannteste ephemere Künstler ist Andy Gold-sworthy aus Schottland. »Wenn wir Kindern Naturmaterialien zum Arbeiten anbieten, schulen wir ihre Sinneswahrnehmung, eine wichtige Voraussetzung für ästhetische Bildung«, berichten Eileen Kennedy und Beth Huddleston aus dem Napier Kindergarten.
Dabei muss nicht einmal ein Objekt entstehen. Allein die Materialien anzufassen, sie zu riechen, sie anzuschauen und über sie nachzudenken, gibt den Kindern die Freiheit für den Umgang mit ihnen und fördert so ihre ganzheitliche Entwicklung mit allen Sinnen. Dafür brauchen sie jedoch genügend Zeit und Raum. Die Materialien sollten offen und ansprechend präsentiert sein. Dann werden die Schönheit, die Symmetrien und die Muster der Welt von den Kindern wahrgenommen und laden sie förmlich dazu ein, diesen großen Reichtum zu entdecken. »Wenn wir zusammen mit den Kindern Material von Stränden und Wäldern, von Flussufern, Gärten oder Parks sammeln, entwickelt sich bei ihnen ein besonderes Gefühl für die Einzigartigkeit der Landschaft ihrer Heimat, der Kultur und für ihre Identität als Neuseeländer.
Kinder, die erlebt haben, wie der Wind feine Wellen in die Dünen malt, werden solche Muster auch selbst in den Sand zeichnen wollen. Kinder, die einen Farn in ihren Händen gehalten haben, werden die Spiralen der Blätter im Gedächtnis behalten. Und wenn sie am Strand mit Steinen und Muscheln spielen, entstehen oft ganz eigenwillige Gebilde.«
Unsere Gedanken über eine nachhaltige Zukunft zeigt der nächsten Generation als erstes, dass wir diese, unsere einzigartige Welt lieben. Vergängliche Kunst zu schaffen ist ein wunderbares Instrument, um ganzheitliches, nachhaltiges Denken zu fördern. Die Beobachtungen im Napier Kindergarten haben gezeigt, dass dies auch zu einem reichen, fantasievollen Spiel führt.
Sibylle Haas ist Diplom-Pädagogin, Kunsttherapeutin und systemische Beraterin. Sie hat sich intensiv mit Lernwerkstätten und Lerngeschichten
beschäftigt, viele Jahre den fachlichen Austausch mit Kolleginnen aus Neuseeland gesucht und damit die neuseeländische Art Lerngeschichten zu schreiben in Deutschland bekannter gemacht.
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Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 07-08/19 lesen.