Clare Meade und Karen Fairfax-Cholmeley stellen uns vor, wie zwei englische Gemeinden generationenübergreifendes und gemeinwesenorientiertes Lernen fördern.
Im Guten wie im Bösen wurden wir alle durch unsere Umwelt geprägt. Darin eingeschlossen sind die Orte und die Menschen, an bzw. mit denen wir leben. Die Chancen der Kinder hängen davon ab, wie ihre Familie, das Gemeinwesen sowie öffentliche und private Dienste auf die Umwelt und mit ihr reagieren.
Die meisten Kinder machen ihre ersten Lernerfahrungen in der Familie. Sie sehen ihre Umwelt zuerst mit deren Augen; sie erfahren die Umwelt als Reaktion der Familie auf die verschiedenen Umstände.
Für die Entwicklung der Kinder kann das gut oder weniger gut sein, ebenso wie für ihre Zukunftsaussichten. In Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit gibt es Schulen, in denen Kinder schon mit sieben Jahren sagen, dass sie sowieso nie einen Job bekommen werden, denn schon der Vater und auch der Großvater hätten niemals gearbeitet.
Die »lernende Familie« möchte den Kreislauf der Benachteiligung durchbrechen. Das Projekt arbeitet mit sozialen Diensten für Erwachsene und Kinder – übergreifend – zusammen. Eigene Ziele sollen geweckt und Wissen in den Familien angehoben werden. Alle Programme laufen generationsübergreifend, mit klaren Zielen und Ergebnissen für jung und alt. Die Generationen lernen mit- und voneinander. Die »lernende Familie« wird als dritter Weg oder Brücke zwischen informellen Erfahrungen und formalisierten schulischem Lernen bezeichnet. Das funktioniert, weil das Lernen mit den häuslichen Erfahrungen verbunden ist. Es gibt Möglichkeiten, schulisches Lernen im wirklichen Leben und in Zusammenhängen zu praktizieren, die den Familien vertraut sind. Das Lernen geschieht aktiv und beteiligend, soll Forschergeist wecken und Probleme lösen helfen.
Welche Einstellungen Eltern einzeln oder gemeinsam bezüglich ihrer Zukunft und der ihrer Kinder haben, färbt auf die Kinder ab. Und wie die Kinder ihre Chancen einschätzen, beeinflusst ihre Einstellungen zum Lernen und was sie sich vornehmen. Die englische Regierung betrachtet die »lernende Familie« zunehmend als Interventionsprogramm, um ihre Vorstellungen von Mobilität und Chancengleichheit voranzubringen.
Das beste Konzept der »lernenden Familie« baut unserer Meinung nach auf dem Wissen und kulturellen Reichtum in den Familien auf, unterstellt Eltern weder Erziehungsdefizite noch Mängel im pädagogischen Wissen. Die Lernenden bestätigen wieder und wieder, wie das Projekt ihr Selbstvertrauen stärkt und ihnen hilft, die sozialen Netze zu knüpfen.
Wenn man die familiären Hintergründe voneinander kennt, kann man die unterschiedlichen Kulturen besser verstehen. Neugier wird geweckt auf das, was in der Nachbarschaft los ist. Geschichten erzählen innerhalb der Familien und innerhalb des Gemeinwesens stärken sowohl das Zugehörigkeitsgefühl eines Kindes als auch seine Identität.
In Familien bewirkt vor allem das generationsübergreifende Lernen die Veränderung. Alles Lernen wird vom Einzelnen zuerst im Lichte seiner eigenen unmittelbaren und vorherigen Erfahrungen beurteilt. Dann wird es zwischen den Generationen geteilt, dabei im größeren Kontext von Zeit, Familienerfahrungen und Einflüssen aus dem Gemeinwesen neu interpretiert. Die gemeinsame Lernerfahrung der »lernenden Familie« bringt eine Kombination aus Ermutigung und Einbezogensein in die wechselseitigen Lernprozesse hervor, welche die Ziele und Einstellungen zum Lernen auf lange Sicht verändert.
Eltern werden zu aktiven Lernern, sowohl für sich selbst, als auch als Teilhaber an den Lernprozessen ihrer Kinder. Diese beiden Elemente sind die wichtigsten Voraussetzungen für Resilienz in der Familie, für das Wohlergehen der Gemeinschaft, für wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Zusammenhalt.
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