Die Rechte junger Leute sind im letzten Jahrzehnt wichtiger geworden, aber den Rechten junger Kinder und den Rechten von Babys wird immer noch nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet, erklärt Carolyne Willow. In ihrem Artikel diskutiert sie die Auswirkungen und Grenzen der UN-Konvention über Kinderrechte.
15 Jahre, nachdem die Konvention über die Rechte der Kinder (CRC) von den Vereinten Nationen angenommen wurde, beschwören die Kinderrechte immer noch Bilder von Teenagern herauf, die ihren Eltern und den Gemeinden Probleme bereiten. Das ist jedoch eher das Ergebnis von Vorurteilen und Ignoranz als von einer seriösen Analyse des Einflusses, den die Kinderrechte auf das Leben von Kindern und Jugendlichen haben. Doch wenn Teenager ihre Rechte geltend machen, macht das vielen Erwachsenen immer noch Angst, und die Idee, dass auch Babys und Kleinkinder eigene Rechte haben, muss überhaupt erst ernstlich in Erwägung gezogen werden.
Beteiligung
Der Artikel 12 in der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte der Vereinten Nationen gibt dem Kind, das in der Lage ist, eine Meinung zu äußern, das Recht, diese Meinung in allen Fragen, die Kinder betreffen, auch zu sagen. Diesen Äußerungen muss »das schuldige Gewicht gegeben werden, entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes«. Wir sind also aufgefordert, allen Kindern zuzuhören und sie ernst zu nehmen – selbst Babys –, aber wie ernst wir die Äußerungen eines Kindes nehmen, hängt vom Alter und der Reife des Kindes ab.
Diese Herangehensweise ist zutiefst problematisch. Der Bezug auf Alter und Reife führt dazu, dass jemand nur deshalb weniger ernst genommen wird, weil er jünger ist. Dahinter steht eine Ideologie, die die Fähigkeiten der Kinder unter- und die der Erwachsenen überschätzt – was überall auf der Welt die am weitesten verbreitete Denkweise ist. Aber wenn schon Bedingungen aufgestellt werden müssen, warum sagt man dann nicht: Das Gewicht, das der Ansicht eines Kindes (oder eines Erwachsenen) beigemessen wird, hängt von seinem Verständnis für die Situation oder von der Entscheidung ab, um die es geht?
Vor mehr als einem Jahrzehnt untersuchte Priscilla Alderson, Professorin für Kindheitsstudien am Institut für Erziehung der Universität London, die Erfahrungen und Entscheidungen junger Kinder, die eine Operation brauchten. Sie wies nach, dass junge Kinder kluge Entscheidungen treffen konnten, und fand viele Beispiele dafür, dass Schwestern und Ärzte die Auffassung der Kinder respektierten. Der Schlüssel dafür war, das Kind zu kennen, Vermutungen zu verwerfen und sich auf das Kind als Individuum zu beziehen.
Schläge
Die Vorstellung vom Kind als Individuum mit eigenen Rechten wird nirgendwo so sehr gebraucht wie in der Debatte um physische Strafen. Die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes (CRC) ist der am meisten ratifizierte Menschenrechtsvertrag überhaupt; nur zwei der in Frage kommenden Staaten – Somalia und die USA – haben diesen Vertrag nicht ratifiziert. Aber gleichzeitig haben etwa 90 Prozent der Staaten, die formal zugestimmt haben, die Kinderrechtskonvention (CRC) umzusetzen, eigene Gesetze, die es erlauben, Babys und Kinder zu schlagen. Und das nicht nur in der Familie. Eine weltweite Analyse finden Sie auf der Website http://www.endvorporalpunishment.org.
Weit verbreitet ist die Auffassung, dass es nicht dasselbe ist, Kinder zu schlagen, wie wenn man Erwachsene schlägt. Tatsächlich haben Erwachsene sogar spezielle Begriffe dafür geprägt, dass Kinder geschlagen werden: tapping (klopfen), smacking (klatschen, eine knallen) oder spanking (prügeln, den Hintern versohlen).
In Europa geben fast 20 Länder Kindern denselben Schutz vor Körperverletzungen wie Erwachsenen. Das ist ein Fortschritt, denn vor nur drei Jahrzehnten waren Kinder noch nirgendwo auf der Welt sicher. Es ist jedoch ein langsamer Fortschritt. Die Kinderrechtskonvention (CRC) sagt in Artikel 19 ganz klar, dass Babys und Kinder vor Gewalt in allen Formen geschützt werden müssen. Immer wenn das UNO-Komitee für die Rechte der Kinder den Bericht eines Staates untersucht, gibt es die deutliche Empfehlung, dass das Gesetz das Recht der Kinder auf Würde und körperliche Integrität anerkennen muss. Erst kürzlich hat der Rat des Europäischen Komitees für Soziale Rechte Klagen gegen Belgien, Irland und Griechenland anerkannt, weil die Gesetze in diesen Ländern Kindern nicht den gleichen Schutz vor Körperverletzung gewähren wie Erwachsenen.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Kinder in Europa 09/05 lesen.
Zurück zur Übersicht
Zum Seitenanfang