Emotionale Kompetenz in der Kita
Über Gefühle zu sprechen, war Jana Benz, Erzieherin und Kita-Leiterin der AWO Kita Hörlitzer Straße in Senftenberg, zunächst Neuland und irgendwie auch unangenehm. Heute weiß sie, dass ein kompetenter Umgang mit Emotionen nicht nur das Wohlbefinden stärkt, sondern auch unser Miteinander.
Dass wir als Kinder nicht gefragt wurden, wie es uns geht, wundert mich eigentlich erst, seit ich selbst Kindern diese Frage stelle. Warum eigentlich interessieren wir uns nicht für die Gefühle der Kinder? Zumindest nicht oft. Halten wir sie für belanglos oder gar störend? Oder wüssten wir nicht, wie wir Traurigkeit, Angst oder Ärger begegnen könnten? Einmal aber wurde ich doch gefragt. Also in gewisser Weise zumindest. Da war ich in der 3. Klasse. Wir sangen das Lied »Guten Morgen, Frau Sonne.« Am Ende fragte die Lehrerin, die dritte Strophe des Liedes zitierend: »Gibt es heute einen Menschen, der nicht fröhlich sein mag?« Ich war tatsächlich unglücklich, weil mein Vater auf eine längere Dienstreise gefahren war, und nutzte die Frage als Chance, vor der Klasse von meiner Traurigkeit zu erzählen. Danach fühlte ich mich erleichtert. Mich mit meinem Schmerz zu zeigen, tat ungewohnt gut.
Worte finden
Bei der nächsten Gelegenheit, vor anderen von meinen Gefühlen zu sprechen, war ich längst erwachsen und sehr überrascht. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es in meiner Mediationsausbildung um Gefühle gehen würde, statt herauszufinden, was richtig und was falsch ist, und dies den streitenden Beteiligten nachvollziehbar zu vermitteln. Heute weiß ich, dass es in der Mediation an allerster Stelle darum geht, den Gefühlen und Bedürfnissen der Konfliktparteien Raum zu geben! Um das zu lernen, übten wir, unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und mitzuteilen und ein Gespür für die Gefühle und Bedürfnisse der anderen zu entwickeln. Übungen dieser Art waren mir neu und irgendwie auch befremdlich. Und sie weckten Fragen: Wie nah möchte bzw. darf ich anderen kommen? Wie soll ich ihnen sagen, welches Gefühl ich bei ihnen gerade vermute? Immer wieder drückte uns die Ausbilderin die Gefühlsmonster®-Karten von Lilli Höch-Corona in die Hand. Die kleinen Monster unterstützten uns tatsächlich beim Wahrnehmen und Mitteilen unserer Gefühle – insbesondere bei den weniger angesagten, wie Traurigkeit, Verzweiflung, Ratlosigkeit oder Wut. Je mehr ich verstand, dass der einzige Lösungsweg aus Konflikten der ist, unsere Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und mitzuteilen, um so mehr begeisterte mich die Arbeit. Es dauerte nicht lange, bis in mir der Gedanke reifte, die Gefühlsmonster nicht nur in der Arbeit mit Erwachsenen zu verwenden, sondern auch in der mit Kindern.
Liebe und andere Gefühle
Wenige Tage später breitete ich die Karten vor einigen der älteren Kinder meiner Kita aus. Meine Einladung an sie, sich mitzuteilen, schien ihnen zunächst fremd. Doch nach der anfänglichen Unsicherheit verblüfften sie mich mit spontanen und differenzierten Aussagen: »Ich bin sauer, weil Toni mich vorhin ärgerte«, erzählte Liam und Schirin teilte ihre Freude, »dass ich heute mit Linda gespielt habe.« Am meisten überraschten mich Keno und Ava mit der Offenbarung »wir sind ineinander verliebt« und ganz besonders, als sie später – einige Zeit sogar täglich – an meine Bürotür klopften und fragten, ob sie die Karten haben könnten, um »mit ihnen zu spielen«. Einmal sah ich sie über das Gefühlsmonster mit den Herzen und das mit den Blumen sprechen. Sie machten den Eindruck, dass sie es sehr genießen, ihre Gefühle unter vier Augen auszutauschen.
Lese- und Netztipps
In Erziehung, die das Leben bereichert von 2003 zeigt der Bestsellerautor Marshall B. Rosenberg, wie emotionale Intelligenz Mitgefühl stärkt, Konflikte löst und Gewalttätigkeit entschärft oder sogar verhindert. Darauf, dass wir Kinder darin unterstützen und bestärken sollten, Gefühle differenziert wahrzunehmen und zu benennen, weisen Sabine und Kurt Faller bereits 2002 in Kinder können Konflikte klären. Mediation und soziale Frühförderung im Kindergarten hin. In Aussöhnung mit dem inneren Kind von 1997 beschreiben die Psychotherapeutinnen Erika J. Chopich und Margaret Paul, wie ein liebevoller und mitfühlender Umgang mit uns selbst gelingen kann. Im Handbuch lösungsorientiertes Arbeiten mit Kindern von 2005 appellieren die Kinder- und Jugendpsychiaterin Therese Steiner und die systemische Familientherapeutin Insoo Kim Berg daran, in der Arbeit mit Kindern nicht die hilfreichste aller Fragen »Was glaubst du, was helfen würde?« zu vergessen. Reichlich Information zur Arbeit mit den Gefühlsmonstern bietet die Website www.gefuehlsmonster.de.
Jana Benz ist Kita-Leiterin im AWO Regionalverband Brandenburg Süd e.V., Mediatorin und Fortbildnerin für Erzieherinnen. Sie setzt sich für eine liebevoll wertschätzende und inspirierende Pädagogik ein.
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Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 01-02/2022 lesen.