… und andere Gegenstände aus dem »Ohne-Strom-Museum«
Kennen Sie einen Hexenbesen mit Düsenantrieb? Von einem Zufallsprojekt, welches das Weltwissen der Kinder, die Handhabung der Dinge und wertschätzende Dialoge miteinander verknüpft, berichtet Elke Meiners.
Es gibt Projekte, für deren Entwicklung man viel Zeit im Team aufwendet. Und dann gibt es solche, die einem sozusagen vor die Füße fallen. So erging es mir mit dem »Ohne-Strom-Museum«. Angefangen hat es damit, dass ich beim Auflösen des Hausstands meiner Mutter auf einen alten Teppichklopfer stieß. Ich erinnerte mich an die Hausputztage, die zweimal jährlich stattfanden und zu denen auch das Ausklopfen der Teppiche auf der Teppichstange gehörte. Ich fragte mich, ob Kinder wohl wüssten, was man mit diesem »komischen Ding« früher gemacht hat. Kurz entschlossen nahm ich den Teppichklopfer und hängte ihn im Eingangsbereich an unsere Projektwand und daneben drei Zettel mit Fragen bzw. Aufforderungen. Nun war es für mich ungeheuer spannend, mich im Eingangsbereich aufzuhalten und den Überlegungen der Kinder aus Kita und Hort zuzuhören. Sie standen vor dem komischen Ding und diskutierten das Für und Wider der einzelnen Vermutungen: Ein Brotschieber ginge nicht, der würde ja verbrennen… Vielleicht ein Tennisschläger!
»Ich weiß das! Das ist eine Fliegenklatsche!«
»So ‘ne große Fliegengenklatsche hab ich noch nie gesehen!«
»Da können ja die Fliegen durchfliegen!«
»Vielleicht ist das ‘ne Fliegenklatsche aus Afrika! Da gibt es ganz große Insekten, hat mein Opa gesagt!«
»Elke, weißt du, was das für ein Ding ist?«
»Ja, ich kenne das noch von früher!«
»Echt? Was ist das denn? Sagst du es uns?«
»Wisst ihr, ich finde es so spannend zu hören, was ihr für gute Gedanken zu dem komischen Ding habt … Ich würde gerne ein wenig abwarten, ob auch noch andere Kinder Ideen dazu haben. Wenn eine Woche vorbei ist, dann sage ich es euch, okay?«
»Sagst du es uns?«
Eine Kollegin verunsicherte mich, als sie sagte, ich würde die Kinder eine Woche raten lassen, um dann als erwachsene »Besserwisserin« das Ergebnis zu präsentieren. Die Reaktionen der Kinder haben mich diese Befürchtung aber zurückweisen lassen. Sie waren voller Eifer dabei, zu spekulieren und ihre Gedanken auszutauschen. Mir ging es bei all dem nicht um Wissen, sondern darum, die Vermutungen, Spekulationen und Ahnungen der Kinder zu erfragen. Beeindruckend war für mich zu hören, wie sie die Ansichten der anderen Kinder respektieren und gelten lassen konnten – auch den Kindern ging es nicht ums »Rechthaben«! Schnell hing die Pinnwand voll mit Vermutungen der Kinder. Auch unsere Hortkinder waren mit Feuereifer dabei und bereicherten die Zettelwand mit orthografischen Schätzen. Nach einer Woche wurde das Rätsel gelöst.
Ich brachte einen Teppich mit, und zusammen bewältigten wir die mühsame Arbeit des Teppichklopfens vom Zusammenrollen, Über-die-Stange-Wuchten und Ausklopfen bis hin zum Ausrollen.
»Habt ihr auch Teppiche zu Hause?«
»Ja, bei uns im Wohnzimmer!«
»Wir haben überall Teppich!«
»Und wie macht ihr den sauber?«
»Wir haben einen Staubsauger! Hattet ihr früher keinen?«
»Nein. Die gab es schon, aber die waren so teuer, dass nur einige Familien einen hatten.«
»Puh, dann hattet ihr aber ganz viel Arbeit!«
Vom Fundstück zum Projekt
Schnell wurde mir klar, dass es nicht beim Teppichklopfer bleiben sollte. Ich fragte also im Bekanntenkreis herum, stöberte im Internet und stellte nach und nach eine Sammlung von zehn komischen Dingen zusammen. Alle wurden – nach Ablauf einer Woche und dem tatkräftigen Ausprobieren – in unserem »Ohne-Strom-Museum« ausgestellt. Ein kurzer Text fasste unsere Erfahrungen mit den Dingen für Eltern und andere BesucherInnen zusammen (s. Kasten). Gemeinsam hatten die Kinder festgestellt, dass man früher für all die Arbeit viel Kraft brauchte – und wir heute dafür Gerätschaften haben, die mit Strom angetrieben werden. Den Handmixer erkannten die meisten Kinder. Beim Waffelbacken brauchten wir für den Eischnee und das Schlagen der Sahne jeweils 20 Minuten und machten die Erfahrungen, dass dieses Gerät zum Rühren von Kuchenteig nicht geeignet ist.
Elke Meiners, Erzieherin und Diplom- Sozialpädagogin, leitet die Kita-Einrichtungen der evangelischen Kirchengemeinde Borgfeld (zwei Kitas und ein Krippenhaus mit insgesamt 187 Kindern) am Stadtrand Bremens. Für Interessierte am »Ohne-Strom-Projekt«, die aus Bremen und Umgebung kommen, hat Elke Meiners eine Kiste mit neun »komischen Dingen« zusammengestellt, die gegen eine Leihgebühr von 20,- EUR für drei Monate ausgeliehen werden kann.
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Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 07-08/2020 lesen.