Elemente der Gartengestaltung in Kitas: Kiesmulde
Herbert Österreicher plant und gestaltet Freianlagen von Kitas, Horten und Grundschulen. In einer Serie berichtet er an Beispielen, worauf man bei der Gartengestaltung achten sollte und was Kinder im Außengelände brauchen, um sich wohl zu fühlen.
Kinderspielplätze und Gärten für Kinder scheinen ohne Rutsche, Schaukel und andere Spielgeräte vielen Menschen kaum vorstellbar. Im Lauf der letzten Jahrzehnte hat eine solche Ausstattung mehr und mehr das Bild von Kinderspielplätzen geprägt. So sehr, dass es heute schon etwas Besonderes ist, einen Gartenraum anders zu gestalten – zum Beispiel mit natürlichen Elementen wie Steinen und Pflanzen, Erde und Kies. Das ist natürlich noch nicht alles, aber damit sind bereits einige wesentliche »Ausstattungselemente« genannt. Wie das konkret umgesetzt werden kann, zeigt die folgende Geschichte.
Weite und Geborgenheit
Der etwa 20 Jahre alte Kindergarten St. Raymund in Breitenberg im Bayerischen Wald besitzt eine großzügige Außenanlage, in der natürlich auch von Anfang an etliche Spielgeräte zu finden waren – und teilweise immer noch sind. Aber als es vor rund drei Jahren darum ging, das Gartengelände angesichts einer neu eröffneten Kleinkindgruppe auf seine Alltagstauglichkeit hin zu überprüfen, stand rasch fest, dass die Außenanlage insbesondere für Kleinkinder zu wenig Anregungen und Handlungsspielräume bot. Zudem mussten einige alte Spielgeräte entsorgt oder umgesetzt sowie ältere Gehölze ausgelichtet oder gerodet werden. Damit ergab sich die Gelegenheit, das Gartengelände insgesamt neu zu gliedern und – unter Berücksichtigung der erhaltenswerten Strukturen – neu zu gestalten.
Da die Bedürfnisse der Kleinkinder mit an erste Stelle gesetzt wurden, planten wir, bereits im ersten Schritt der Neugestaltung einen Platz zu schaffen, der diesen Kindern einen gleichermaßen offen und einfach zugänglichen wie geschützten Raum bieten könne: eine weite, sanft modellierte Bodenmulde nahe am Gartenausgang des Gebäudes, denn erfahrungsgemäß halten sich jüngere Kinder gerne in der Nähe der erwachsenen Bezugspersonen auf. Die Modellierung selbst sollte eine Fläche von über 50 Quadratmetern umfassen und die Form einer großen, ovalen Schale bekommen. Dadurch, dass sie auch nach der Befüllung mit Kies an ihrer tiefsten Stelle kaum mehr als ei-nen halben Meter unter dem Niveau des umgebenden Geländes läge, könnten zu steile Randböschungen gut vermieden werden.
Zwischen mächtigen Felsen
An einem Samstag im Mai war es soweit: Nachdem Mitarbeiter des Bauhofs der Gemeinde im Vorfeld bereits das betreffende Gelände ausgebaggert und die gewünschte Muldenform hergestellt hatten, ging es an diesem »Gartentag« neben ein paar anderen Arbeitsvorhaben mit zahlreichen Eltern und den Mitgliedern des pädagogischen Teams um die Feingestaltung dieses Areals. Der Begriff »Feingestaltung« sollte allerdings nicht missverstanden werden: Zu diesem Zweck waren einige Tonnen größerer und mittelgroßer Granit-Findlingssteine angeliefert worden, die nun mit Hilfe eines Laders sowie erheblichem Muskeleinsatz platziert wurden – einzeln oder in kleinen Gruppen, an den Rändern der Mulde und in ihrem Zentrum. Wo genau und in welcher Weise die Felsen gesetzt wurden, hing nicht zuletzt von ihrer Größe und Gestalt ab. Das Ziel war eine beiläufig und natürlich wirkende Anordnung. Nicht immer waren wir dabei sofort einer Meinung, aber gerade die Diskussion über die Platzierung des einen oder anderen Findlingssteins machte das Ganze auch spannend und unterhaltsam. Jedenfalls waren die Mitglieder des »Kiesmulden-Teams« rasch eine feste Gruppe, und trotz der anstrengenden Arbeit wäre vermutlich keiner von ihnen gerne in eine andere Arbeitsgruppe gewechselt.
Neben dem Aussehen der Findlinge spielten beim Einbau auch noch einige andere Aspekte eine wichtige Rolle. So mussten die einzelnen Steine in eine möglichst dauerhaft stabile Lage gesetzt werden, wobei insbesondere auch auf mögliche Ausschwemmungen durch Regenwasser und anschließendes Rutschen oder Kippen zu achten war. Zudem sollten Steine, die unmittelbar aneinander gesetzt werden, keine Spalten aufweisen, in denen Kinder beim Darüberklettern und -laufen mit dem Fuß hineinrutschen und darin eventuell hängenbleiben könnten.
Nachdem alle Steine ihren Platz gefunden hatten, legten wir die Pflanzstellen für bestimmte Gehölze fest: ein paar Heidelbeersträucher (Vaccinium corymbosum cv., verschiedene Sorten), zwei niedrig wüchsige Bergkiefern (Pinus mugo) und drei Zwergbirken (Betula nana). Es handelte sich dabei um robuste Sträucher, deren Ansprüche zu den örtlichen Bodenverhältnissen pass-ten. Außerdem sind es schwachwüchsige Gehölze, die den Charakter einer offenen sonnenwarmen Steinlandschaft unterstützen und keiner besonderen Pflege bedürfen. Und die Heidelbeersträucher tragen zudem noch Früchte, die die Kinder ernten können.
Entscheidend für den Charakter der Kiesmulde ist auch die Art der Befüllung. Hier haben wir uns für einen eher feinkörnigen Rundkornkies entschieden, weil dieser nicht nur rasch abtrocknet, sondern sich auch beim Barfußlaufen angenehm anfühlt. Die Füllhöhe betrug stellenweise über 20 Zentimeter, weil ein solches Material natürlich auch Lust aufs Graben macht ...
Herbert Österreicher ist Diplom-Ingenieur und Magister artium. Er plant und gestaltet Außenanlagen und Gärten von Kindereinrichtungen. Darüber hinaus führt er Seminare und Exkursionen zu verschiedenen Bereichen der Umweltbildung durch und ist als Autor für Fachzeitschriften und Verlage tätig. Weitere Informationen finden Sie unter: www.kinderfreiland.de
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 04/16 lesen.