Platzregen, Sturzregen oder Wolkenbruch – für sich genommen schon mal wunderbare Wortgebilde – gehören zu den Naturereignissen, die ich in meiner Kindheit intensiv erlebte und genoss. Im Sommer waren wir immer draußen und wuchsen jedes Mal ein Stück, wenn das dicke Nass vom Himmel fiel. Das war der Regen mit den großen Tropfen, der sich im Getöse vorauseilender Windböen ankündigte und sich flutartig über uns ergoss.
Bis zu diesem Moment waren wir voller Spannung und beobachteten die Ahornnasen oder Papiere, die hektisch kreiselten und sich sogar in die Luft erhoben. Der Staub wirbelte in kleinen Windhosen auf, Sandkörner trieben uns Tränen in die Augen, und die Haare wehten um unsere Gesichter. Der Wind pustete die Sommerröcke hoch und Gänsehaut auf die Arme.
Kam ein Gewitter gezogen, wurde es fast unerträglich spannend, denn vor Blitz und Donner hatte ich Angst. Fernes Grollen, das näher kam, und erstes Wetterleuchten erhöhten die Anspannung. Wenn sich die Wolken auftürmten und die Sonne verdeckten, so dass alles in unheimliches Licht getaucht war, kribbelte es in meinem Bauch. Ich merkte, dass die Gewitterstimmung auch manche Tiere unruhig machte. Ameisen krabbelten scheinbar planlos durch die Gegend.
Schwalben segelten tief und streiften fast unsere Köpfe. Viel mehr Schnecken und Regenwürmer als sonst tauchten auf.
Wir hielten Ausschau nach einem Unterschlupf. Ein Hauseingang, ein Schuppenvordach oder ein Wartehäuschen gab uns das gute Gefühl von Sicherheit, und wir rückten eng zusammen. Nie kamen wir auf die Idee, nach Hause zu laufen. Meist hätten wir das auch gar nicht mehr geschafft.
Manchmal nahm uns die dichte Regenwand die Sicht. Es rauschte, plätscherte, gluckste, schlürfte und gurgelte um uns herum. Mit nackten Zehen versuchten wir, die platzenden Froschbackenblasen der Regentropfen zu erwischen.
Ließ der Regen nach, roch es wunderbar nach frischem Gras, Jasmin, Rosen und Erde. Barfuß spazierten wir durch die Pfützen, fingen die letzten Tropfen und erfreuten uns an den Sturzbächen, Rinnsalen und Furchen, die der Wolkenbruch hinterlassen hatte. Mit Stöcken und Steinen bauten wir kleine Dämme in das fließende Nass, leiteten es um oder führten es zusammen, verbreiterten es oder hielten es auf, so dass sich Teiche bildeten – Spiellandschaften wohin man schaute.
Wissenswertes
Platzregen ist ein Regen, der sich zeitlich und räumlich auf ein kleines Gebiet beschränkt. Er dauert meistens nur wenige Minuten und betrifft oft weniger als einen Quadratkilometer.
Typische Wetterlagen, die das Auftreten von Platzregen befördern, sind die Rückseiten von langsam durchziehenden Kaltfronten, die noch von der Warmfront übriggebliebene Wolkenreste zum Abregnen bringen. Auch starke Vertikalbewegungen der Luft können zum Abregnen von an sich stabilen Wolken führen.
Ein Platzregen kann sehr heftig sein (Starkregen) und ist dann schwer vom Schauer abzugrenzen. Je nach regionaler Gepflogenheit wird umgangssprachlich nicht zwischen Schauer und Platzregen unterschieden. In populärwissenschaftlichen Wettervorhersagen werden Platz-regen oft mit Formulierungen wie »heiter bis wolkig mit möglicher lokaler Schauertätigkeit« oder »örtliche Schauerneigung« angekündigt.
Kontakt
Dagmar Arzenbacher
Schuppen 9
Fortbildungsstätte für Erzieherinnen
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Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 06-07/14 lesen.