»Ziel unserer Schule ist neben der Vermittlung von Inhalten gemäß den Richtlinien und Rahmenplänen des Landes Berlin insbesondere die Stärkung der jüdischen Identität der Schülerinnen und Schüler.« So steht es auf der Internetseite der 2008 in Berlin-Prenzlauer Berg gegründeten Lauder Beth-Zion Grundschule. Nora Northmann wollte wissen, wie sich dieses Ziel im Alltag der Kinder und Erwachsenen widerspiegelt.
Als ihr vor drei Jahren die Stelle der Schulleiterin angeboten wurde, war Judith Zinner bereits pensioniert. »Ich habe das Angebot angenommen, weil ich den Aufbau dieser Schule mitgestalten kann. Mir sind das hohe Niveau und die Gleichwertigkeit von Judaistik und säkularem Unterricht wichtig. In anderen Schulen ist Judaistik eher nur ein Nebenfach.«
Die Lauder Beth-Zion Grundschule ist eine staatlich anerkannte Privatschule. Das bedeutet: Es wird auf der Grundlage des Berliner Bildungsplans unterrichtet. Für den säkularen Unterricht der 1. und 2. Klasse sind 21 Stunden pro Woche vorgesehen. Dazu kommen zehn Stunden Judaistik. Macht zusammen 31 Wochenstunden. Von der 3. bis zur 6. Klasse sind es 42 Stunden. »Wir sind eine Ganztagsschule«, unterstreicht Judith Zinner. »Die Kinder sind von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr hier. Hausaufgaben gibt es nur an den Wochenenden.«
Morgengebet
Es ist kurz vor Acht. Die Erstklässler kommen zum Morgengebet in ihren Raum. Etwas müde, etwas verträumt und sehr rücksichtsvoll miteinander holen sie ihre Siddurim, die Gebetsbücher, aus dem Regal und beginnen zu singen. Mit den Fingern folgen sie den Zeilen von rechts nach links. Alle können hebräisch lesen. Deutsch natürlich auch.
Die Kinder kommen mit dem Taxi aus allen Teilen Berlins. Nur wenige wohnen in der Nähe, so dass sie von ihren Eltern zu Fuß oder mit dem Fahrrad gebracht werden können. Bis alle da sind, bleibt die Tür geöffnet, und wer später kommt, dem zeigt ein anderes Kind die betreffende Stelle im Buch.
Ebenso plötzlich, wie es begonnen hat, ist das Gebet nach etwa 20 Minuten beendet. Die Kinder küssen ihre Bücher und bringen sie zurück ins Regal. Eine Lehrerin stellt Teller mit Apfelstücken auf den Tisch. Während des Essens ist es so leise, dass man hören kann, wie die Drittklässler im Nebenraum noch beten.
Die 6. Klasse ist der erste Jahrgang, der an der 2008 eröffneten Schule unterrichtet wurde. Nach Abschluss des Schuljahres werden alle Schülerinnen und Schüler aufs Gymnasium wechseln. Im Gegensatz zu den Kleinen beten sie im Stehen, wechseln dabei zwischen Singen und Sprechen, manches wird ganz leise gesagt. Eine Wandzeitung erinnert daran, wer in dieser Woche welche Aufgabe hat: Rebecca ist Streitschlichterin, Kobi ist für den Overheadprojektor verantwortlich, Eli ist Bote, Lilith teilt die Bücher aus, Noemi gießt die Blumen, und Josef wischt die Tafel ab.
Eliezer Deutsch, einer der Schulrabbiner, betet mit den Großen. Er kam vor zwei Jahren aus Israel. Eigentlich wollte er nur mal schauen, wie es in Berlin so ist. Nun unterrichtet er in Judaistik: Hebräisch und Aramäisch, Jahreskalender und Feiertage, Gebete, Bibel und Talmud. Parallel zum Unterrichten studiert der 28-jährige Eliezer Deutsch selbst noch, um ein »richtiger« Rabbi zu werden.
In Judaistik werden Mädchen und Jungen getrennt unterrichtet, in allen säkularen Fächern gemeinsam. Ein Blick in die Unterrichtsmaterialien verrät: In Geschichte wird gerade das Römische Reich und in Deutsch Goethes »Zauberlehrling« behandelt.
www.zentralratdjuden.de
Dank intensiver Aufbauarbeit ist das jüdische Bildungswesen in Deutschland heute vielfältig wie zu keinem Zeitpunkt vorher. Auf den Seiten des Zentralrates der Juden findet sich eine Übersicht über die wichtigsten jüdischen Bildungseinrichtungen in der Bundesrepublik. Durchklicken über > Judentum > Jüdische Bildung.
www.juedische-allgemeine.de
Die Jüdische Allgemeine ist Deutschlands einzige überregionale jüdische Wochenzeitung und eines der ältesten Blätter Nachkriegsdeutschlands. 1946 wurde sie mit Genehmigung der Nachrichtenkontrolle der britischen Militärregierung in Düsseldorf als »Jüdisches Gemeindeblatt für die Nord-Rheinprovinz und Westfalen« gegründet. Wer Beiträge zur Bildung und Erziehung sucht, sollte die Suchmaske verwenden.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 11-12/13 lesen.