Liebe Leserin, lieber Leser, willkommen in der Schreibwerkstatt. Dieser Beitrag – Teil einer Betrifft KINDER-Serie über das Schreiben – ist im Wortsinne als Werkstatt gedacht, in der man etwas ausprobieren kann, nicht als Rezeptsammlung nach dem Muster »Man nehme..., rühre alles gut zusammen und erhalte eine Geschichte«.
Die Werkstatt soll vielmehr eine offene sein, speziell, aber nicht nur für Erzieherinnen und Pädagogen, in die Sie herzlich eingeladen sind. Sie können selbst etwas tun: Sätze erfinden, die Wirkungen von Texten ausprobieren und mit Worten spielen. Sie können Fantasien zu Papier bringen, aber auch sachliche Informationen. Die Serie ist besonders für diejenigen geschrieben, die in ihrer pädagogischen Arbeit regelmäßig Notizen machen, Berichte und mehr oder weniger offizielle Briefe schreiben müssen und dabei endlich keinen Horror mehr vor der leidigen Pflicht des Schreibens empfinden, sondern Spaß daran haben wollen. Ohne Leid und Pflicht – oder fast ohne Leid und Pflicht. Also öffnet die Werkstatt ihre Tore für viele, für Neugierige und Lernbegierige. Dass Schreiben etwas Einfaches wäre, behauptet keiner. Wenn man aber einige Gesetzmäßigkeiten des Schreibens kennt, ein paar Regeln und Tricks anwendet, kann es leichter werden, können Texte entstehen, die besser verstanden werden, lebendiger wirken und klarer sind als zuvor. Texte, die man selbst gerne aus der Hand gibt, weil man von ihnen überzeugt ist. Es geht auch um Spaß am Schreiben. Das auszudrücken, was einen bewegt; einem Adressaten mitzuteilen, was der unbedingt wissen sollte; mit Worten zu spielen und zu jonglieren, ihren Reichtum und Witz zu entdecken kann ein Vergnügen sein. Eröffnen wir die Schreibwerkstatt!
Schreiben, aber nichts sagen?
Liebe Freunde, der Flug verlief gut, nun sind wir in XX und fühlen uns sehr wohl. Die Landschaft ist sehr schön. Es ist auch nicht zu heiß, übermorgen reisen wir weiter.
Herzliche Grüße…
Sagt Ihnen das was? Die Freundin, die mir die Karte schrieb, ist weit weg, auf ihrer Insel. Sie hat lange von dieser Reise geträumt, sich seit Wochen darauf vorbereitet und sie spricht gut Französisch, kann auf der Insel mit vielen Menschen ins Gespräch kommen, nehme ich an. Und nun erreicht mich, wie versprochen, ihre Karte und verrät nichts. Natürlich wird sie mehr mitteilen, wenn sie wiederkommt, aber ich hätte mir gewünscht, dass sie auch auf der Karte schon ein bisschen von der Reise erzählt.
Ehe wir uns in der Schreibwerkstatt um die Schriftstücke kümmern, mit denen Sie beruflich zu tun haben, betrachten wir erst mal dieses kleine private Werk: eine schlichte Ansichtskarte. Etwas Persönliches – vor der Auseinandersetzung mit offiziellen Schreiben an die Eltern »Ihrer« Kinder oder an das Team, mit Pressemitteilungen und Werbekampagnen. Es ist nur eine kleine Mitteilung an Freunde oder Kolleginnen, nur eine Postkarte. Sie sind überrascht und finden das zu unwichtig, zu läppisch? Versuchen wir es trotzdem.
Sie kennen das: Der Urlaubsgruß mit dem Wetterbericht und den allgemein lobenden Worten für Hotel oder Ferienwohnung. Immer gleiche Sätze, fast immer zumindest. Und wie mühselig war es oft, den spärlichen Platz, den die Karte bietet, überhaupt zu füllen. So viel Anstrengung für ein so mageres Ergebnis.
Dabei ist das Geheimnis der Ansichtskarte, die für viele nur eine lästige Pflicht bleibt, ganz einfach. Und deshalb taucht die Postkarte hier überhaupt auf, deshalb ist sie so wichtig, es gilt für andere Texte ganz genauso:
Überlegen Sie, was Sie wirklich mitteilen wollen
Fühlen Sie sich nicht zu irgendetwas verpflichtet. Es gibt keinen Standard für das, was in der Urlaubspost stehen muss. Lassen Sie das Wetter weg, wenn es Sie gar nicht beschäftigt (es kann bei einem Sturm oder Dauerregen aber mitteilenswert sein). Was wollen Sie erzählen, was ist für Sie im Moment wichtig? Das steht dann ganz vorne im Text wie in einer Nachricht in der Tageszeitung. Einige Grundregeln des klassischen Journalismus haben sich nicht zufällig durchgesetzt und werden nicht zufällig auch in der Zeit des Online-Schreibens immer wichtiger. Diese Regel gehört dazu, und sie hilft auch bei einer Ansichtskarte eigentlich schon über alle Schwierigkeiten hinweg:
Wichtiges steht vorn
Man muss natürlich etwas zu sagen haben, etwas finden, was man mitteilen möchte. Trick Nummer 3 ist ebenso einfach, wenn man ihn einmal bewusst ausprobiert hat:
Entscheiden Sie sich!
Wählen Sie ein Thema, nur ein einziges!
Beschreiben Sie einen Gegenstand oder eine Landschaft, ein Ereignis, eine Beobachtung; erzählen Sie ein Erlebnis ganz konkret. Das reicht – und sagt mehr als eine allgemeine Zusammenfassung Ihrer Reise, die oft langweilig bleibt. Trainieren Sie den Mut zur Lücke; alles können Sie sowieso nicht mitteilen.
Es könnte übrigens sein, dass bei dieser Methode der Umfang einer Karte plötzlich nicht mehr ausreicht, dass Sie wider Erwarten sogar einen Brief schreiben, in dem Sie Ihre Geschichte erzählen können. Und der vierte Trick, wenn wir es denn Trick« nennen wollen: ...
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 05/13 lesen.