Familien-Bilder: Nora Northmann (Text) und Volker Döring (Fotos) besuchen Familie Eger.
Wie immer hat der Wecker etwas früher als nötig geklingelt, damit Familie Eger gemeinsam in Ruhe frühstücken kann. Doch schon der erste Anruf wirft den Tagesplan um: Die Eltern eines jungen Mannes, der hirntot im Krankenhaus liegt, möchten mit der Pfarrerin Barbara Eger (40) sprechen.
Aber Barbara muss noch den Kuchen für das Kartoffelfest im Kindergarten fertig dekorieren, sie hat es Johann (5) und Martha (2) versprochen. Reinhard Eger (49) ist auf dem Sprung in seine Apotheke. Und dann streiten die Kinder auch noch, wer heute den Regenschirm tragen darf.
»Da stirbt jetzt ein Mensch – wie kann man da um einen blöden Regenschirm streiten, der noch nie interessant war!« Barbara bemüht sich, ruhig zu bleiben, und erklärt, warum sie plötzlich ganz schnell weg muss. Ja, der Kekskuchen wird noch dekoriert. Quietschbunt ist er, aus Zucker, Pudding und Sahne – Johann wollte wenigstens ein Mal keinen »Öko-Kuchen« mitnehmen müssen.
Die Familie lebt im Pfarrhaus. Arbeit und Privates lassen sich in diesem Haus räumlich nicht trennen. Das Pfarrbüro befindet sich mitten in der Wohnung, dahinter liegt das Wohnzimmer, das Egers kaum noch benutzen. »Abends ferngesehen haben wir vor Monaten das letzte Mal.« Überall liegen Ordner, Bastelarbeiten für den Basar stehen herum, Kisten mit Büchern stapeln sich. »Im Gegensatz zu anderen Kindern, die oft gar nicht wissen, was ihre Eltern tun, bekommen Johann und Martha viel von unserer Arbeit mit.«
Bis zu Marthas Geburt war Johann eher ein Mamakind, sucht aber jetzt genauso Kontakt zu seinem Vater. Damit Reinhard, wenn er spätabends nach Hause kommt, ihm die Füße massiert, hat Johann vorsorglich die Creme bereitgestellt. »Das muss ich dann machen«, sagt Reinhard lächelnd, »auch wenn er schläft und nichts davon merkt. Denn am Morgen fragt er nach, und ich will ihn nicht anschwindeln.«
Nachts krabbelt Johann regelmäßig zu den Eltern ins Bett. »Wenn ich sechs bin, schlafe ich nicht mehr bei euch«, hat er versprochen. Noch verbringt die Familie jede Nacht zu dritt oder viert. »Martha schläft unruhig, aber Johann ist ein guter ›Beischläfer‹«, sagt Barbara.
Als Apotheker kann Reinhard sich die Arbeit zwar besser einteilen als Barbara, aber in der Woche, am Wochenende und an den Feiertagen muss er Notdienste machen. Es wäre zu teuer, dafür immer Mitarbeiter einzuteilen. Zu Wochenenddiensten nimmt er Johann oft mit. Inzwischen hat sich ein festes Notdienst-Ritual eingespielt: Erst werden alte Papiere geschreddert, später schauen Vater und Sohn die »Sendung mit der Maus« im Internet. Zum Abendbrot bestellen sie sich Pizza, ehe sie sich auf die Couch legen. Manchmal schlafen sie zusammen ein – bis es klingelt und ein Kunde vor der Tür steht.
Pfarrerin zu werden war Barbaras großer Wunsch. Zwei Jahre ihres Theologie-Studiums verbrachte sie allerdings nicht an der Uni in Jena, sondern in Ungarn, »weil es Spaß machte, dort zu studieren«. Sie spricht die komplizierte Sprache so akzentfrei, dass kein Ungar sie für eine Deutsche hält. Zurück in Deutschland, erlernte sie die Gebärdensprache, weil diese Art der Verständigung sie interessierte. Jetzt kann sie auch regelmäßig Gehörlosengottesdienste abhalten.
Gute Planung ist nötig. »Wenn der Tag strukturiert ist, gibt mir das Halt«, sagt Barbara. Pünktlich um halb neun sollen die Kinder in den Kindergarten gebracht werden, sonst bleibt zu wenig Arbeitszeit. Um 15 Uhr kommen sie wieder nach Hause.
Reinhard hingegen würde manches gern weniger planvoll angehen. »Ich versuche, mir nicht so viel Stress zu machen. Ist doch nicht schlimm, wenn ich die Kinder etwas später wegbringe. Und wenn sie sich beim Frühstück bekleckern, muss man sie nicht unbedingt umziehen. Im Kindergarten kleckern sie ohnehin.« Entschieden widerspricht Barbara: »Nein das geht nicht! An Pfarrerskinder werden sogar bei Kleinigkeiten besondere Ansprüche gestellt.«
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 01-02/13 lesen.