Hugo ist anderthalb Jahre alt. Wir wollen einen Spaziergang machen und meine Freundin besuchen, die zwei Straßen weiter wohnt. Wir haben keine Eile. Unmissverständlich macht Hugo mir klar, dass er den kleinen Puppenwagen, der seiner älteren Schwester gehört, mitnehmen möchte. Die Puppe und alle Kissen schleudert er im hohen Bogen aus dem Wagen auf den Bürgersteig. Sein einziges Interesse gilt der Schiebeaktion.
Aber so leicht lässt sich das Ding nicht dorthin lenken, wohin es soll. Geradeaus ist ganz schwierig. Bremsen ist auch nicht leicht. Außerdem kann er kaum so schnell rennen, wie der Wagen an Geschwindigkeit zulegt, je schneller Hugo läuft. Er verlagert sein Gleichgewicht nach vorn. Scharfe Drehungen, plötzliche Richtungsänderung. Hugo folgt dem Antrieb. Kurve. Achtung: Baum! Zickzacklinien, freier Fall und Sturz.
Hugo lässt das Gefährt nicht los. Immer wieder versucht er, der Tücken des Objekts Herr zu werden. Was für Herausforderungen! Schon beim Zuschauen wird mir ganz heiß...
Um Hindernisse zu überwinden, trägt Hugo den Puppenwagen – auch eine Lösung. Unser Weg ist nun das Ziel. Wir kommen kaum vorwärts, und ich verabschiede mich von der Idee, die Freundin zu besuchen.
Beim anstrengenden Hantieren mit der schweren Last kippt das Wägelchen plötzlich um. Das betrübt Hugo aber nicht, weil es eine Überraschung hervorbringt. Ein kleines Rad dreht sich noch, und Hugo schlägt mit der Hand dagegen, um es weiter rotieren zu lassen. Das dauert, weil so ein Puppenwagen bekanntlich vier Räder hat. Ein neues Spiel ist erfunden.
Nachdem das Spiel ausreichend ausprobiert wurde, versucht Hugo, sich auf den Wagen zu setzen. Dabei gerät er ins Stolpern, verheddert sich im Gestänge, verliert das Gleichgewicht und fällt wieder auf die Nase. Da sieht er die Kastanien auf dem Bürgersteig. Wir sammeln sie und transportieren sie mit dem Puppenwagen nach Hause. Der Spaziergang ist beendet.
Welch ein Glück für Enkelkinder und Großmütter, sich Zeit lassen zu können – für die erstaunlichen Momente des Alltags.
Dagmar Arzenbacher