Eileen, inzwischen ein Schulkind, war vor mehreren Jahren eine der ersten Schneckenforscherinnen und gleichzeitig eine wunderbare Künstlerin im Spiel mit Wörtern und Reimen. Die zufällige Begegnung mit den kleinen Tieren auf dem Weg zur Kita weckte ihre Neugierde und blieb nicht ohne Folgen. Das erste Schneckenprojekt begann, viele weitere sollten folgen. Monika Schaarschmidt berichtet.
In der Naturforscherstation unserer Lernwerkstatt wurden die Schnecken beobachtet und bestaunt. Lautlos schlichen sie sich in den Mittelpunkt allen Geschehens. Wir wussten wenig über Zirkel- und Weinbergschnecken, eigneten uns mit Hilfe von Literatur und Internet aber Wissen an, um ihnen ein vorübergehendes Zuhause einrichten zu können und sie verantwortungsvoll zu pflegen. Das »Schneckenhotel«, so nannten die Kinder unser Terrarium, wurde zum Ausgangspunkt für immer neue Selbstbildungsprozesse. Gern nahmen die Kinder uns Erwachsene auf ihren Lernwegen mit, und gemeinsam folgten wir den Schneckenspuren.
Haben Schnecken Zähne?
Mit Experimenten, angestoßen durch die Fragen der Kinder, führte der Weg zuerst in den Bereich der Naturwissenschaften. Wir wollten wissen: »Wie muss ein Schneckenhotel aussehen? Was fressen Schnecken? Woraus ist das Haus der Schnecken gemacht? Was wiegen die großen Weinbergschnecken? Wiegen die kleinen Schnecken alle gleich viel? Kriegen Schnecken auch Babys? Haben sie sich lieb? Warum gehen die Schnecken manchmal in ihr Haus? Wo sind sie im Winter? Wo sind die Augen der Schnecken? Haben sie Zähne?«
Um Antworten zu bekommen, fanden Kinder ihre ganz eigene Form des Beobachtens. Einige verbrachten lange Zeit vor dem Terrarium, allein oder zu mehreren, beobachteten und tauschten sich aus. Andere erforschten die Lebensgewohnheiten der Schnecken mit kleinen, selbst erdachten Versuchen. Manchmal gaben wir Erwachsene eine Anregung und waren dann selbst gespannt auf den Verlauf und das Ergebnis des Experiments.
»Die Schnecken machen Liebe!«
Während des zweiten Schneckenprojekts im folgenden Jahr entstand mit der Frage »Kriegen Schnecken auch Babys?« Interesse an der Fortpflanzung. Auf Wunsch las ich aus einem Sachbuch etwas über das Paarungsverhalten und über den Weg vom Ei zur Schnecke vor – und wurde als Erwachsene, wie so oft in der Lernwerkstatt, selbst zur Lernenden.
Die Information, dass Schnecken Hermaphroditen, als weiblich und männlich zugleich sind, nahmen die Kinder zur Kenntnis, bezeichneten das als »komisch«, schienen dem Ganzen aber keine weitere Bedeutung beizumessen. Als sie kurz darauf staunend und aufgeregt die Paarung zweier Tiere beobachteten, rief jemand: »Kommt mal schnell! Die Schnecken machen Liebe!«
Als später die ersten Eier in der Erde gesichtet wurden, sprachen einige Kinder bereits von einer Schneckenfamilie. Nach langem Warten – die Langsamkeit der Schnecken lehrte uns Geduld – entdeckten wir eines Morgens unzählige kleine Schneckentiere an der Wand unseres Terrariums. Unser Staunen über dieses Wunder der Natur und die Faszination des Augenblicks lassen sich nur schwer beschreiben. Jahr für Jahr erleben wird das nun aufs Neue, es wird zum Höhepunkt jedes Schneckenprojekts.
Die ersten kleinen Schneckenhäuschen wirken eher zerbrechlich als schützend, denke und sage ich. Die Kinder teilen meine Einschätzung, wollen sich jetzt besonders vorsichtig um das Schneckenhotel kümmern, sehen aber auch ganz klar »Schneckenmama« und »Schneckenpapa« in der Verantwortung. Ihre Sichtweise kann – und darf – durch naturwissenschaftliches »Besserwissen« zu diesem Zeitpunkt nicht korrigiert werden.
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Evangelische Kita St. Michaelis
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Monika Schaarschmidt, Erzieherin in der Evangelischen Kita St. Michaelis, bietet Fortbildungen zum Thema »Den Spuren der Schnecken folgen« an.
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Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 06-7/11 lesen.