Wie ein Künstler mit Kindern sein Stadtviertel verschönert
Jede Stadt hat mindestens ein Viertel, in dem die »Anderen« wohnen, die, mit denen gut situierte Normalbürger möglichst wenig Kontakt haben möchten. Neukölln in Berlin ist so ein Bezirk oder der Stadtteil Kruiskamp in Amersfoort, einer niederländischen Kleinstadt kurz vor Amsterdam.
Amersfoort hat 140 000 Einwohner. Im Viertel Kruiskamp leben 5.500 Menschen. Sie kommen aus 76 Ländern und sprechen viele Sprachen. Ein Drittel von ihnen sind Kinder.
In Kruiskamp gibt es Schulen, in die kein holländischer Schüler geht, und Kindergärten, die von keinem Kind holländischer Herkunft besucht werden. Es gibt Einkaufszentren, in denen es vor allem afrikanische und asiatische Lebensmittel gibt, verbrauchte Wohnblocks und Spielplätze, die kaum zum Spielen einladen. Aber trotzdem ist es nicht trist oder öde in diesem Viertel. Warum?
Antje Bostelmann und Benjamin Bell berichten von Theo van der Hoeven und seinen Stadtgestaltern.
Am Rande eines jeden Spielplatzes in Kruiskamp gibt es einen Buitenkast, auf Deutsch: Schrank. Natürlich steht da kein Schrank auf dem Platz – ein Buitenkast ist meist ein Wohncontainer, eine ausgebaute Garage oder ein ungenutztes Ladengeschäft, in dem sich die Mütter aus dem Viertel eingerichtet haben.
Es duftet herrlich nach Kaffee. In einer gemütlichen Sitzecke haben sich einige Frauen versammelt, allesamt mit Kopftuch und in eine Unterhaltung vertieft. An einem großen Tisch nebenan spielen Kinder. Ein Wandregal beherbergt eine Unmenge an Spielmaterialien für drinnen und draußen.
Statt allein in der Wohnung zu sitzen, betreiben die Frauen diesen Treffpunkt, der so etwas wie ein soziales Zentrum für die umliegenden Wohnblocks darstellt. Die Idee der Buitenkasten kommt aus Rotterdam und hat nun auch in Kruiskamp Wurzeln geschlagen.
Immer sind die Buitenkasten an Spielplätze angegliedert, die die Mütter bewachen. Sie geben Spielmaterial aus, helfen, wenn die Kinder Probleme haben, und verteilen warme Getränke für diejenigen, die noch nicht nach Hause gehen können. Sie helfen einander bei Sorgen mit den Behörden oder wenn es in der Familie mal nicht läuft. Aber am Wichtigsten ist: Sie sind zusammen.
Die Stadt Amersfoort unterstützt die Frauen und Mütter bei ihren Aktivitäten. Trotzdem – die Spielgeräte sind alt, manche sind kaputt, es gibt kaum Bänke und Tische im Freien. Aus Angst vor Vandalismus stellt sie hier niemand mehr auf.
Licht an!
Warum muss dieses Wohnviertel so abgewirtschaftet und heruntergekommen aussehen? Diese Frage stellt sich Theo van der Hoeven. Der erfahrene Kunstpädagoge und Künstler fühlt sich für seine Stadt verantwortlich, sieht sich quasi als Stadteilkünstler von Kruiskamp. Seine Begegnungen und Gespräche mit den Müttern der Buitenkasten brachten ihn auf eine Idee. Er schlug den Bewohnern vor, das Viertel zu verschönern, und zwar selbst. Dabei würde er sie unterstützen.
Theo gelang es, die Stadtväter zu überzeugen, Geld für diesen Plan zu geben. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er nun hier. Als wir mit ihm durch die Straßen gingen, grüßten uns viele Leute. Die Kinder winkten, die Mütter hielten an und plauderten mit Theo.
Theo zeigt uns die Plätze, die er gemeinsam mit den Menschen verändert hatte. Ein leerstehender Wohnblock fiel dem Vandalismus nicht anheim, weil die Kinder des Stadtteils wirklich jedes Fenster mit einem Kunstwerk geschmückt hatten. Eine Zeitschaltuhr sorgt dafür, dass in den Fenstern nachts Licht an- und ausgeht. Spiegelkugeln und ausrangierte Badschrankspiegel wurden so installiert, dass sie die Lichtreflexe der Lampen durch den gesamten Block lenken. Eine Lichtshow, die Kinderkunst anstrahlt, schützt das Haus.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 06/09 lesen.