... hat schon begonnen, meint Norbert Hocke, und beschreibt, welche Schritte nötig sind, um sie zu sichern. Seinem Beitrag stellt er einen Rückblick voran, in dem die Zukunft sichtbar wird.
Als die Rahmenvereinbarung zur Ausbildung und Prüfung von Erziehern/Erzieherinnen durch die Kultusministerkonferenz (KMK) im Jahre 2000 verabschiedet war, ging ein fast zehnjähriger intensiver Diskussionsprozess zu Ende, an dem Vertreterinnen und Vertreter der Einrichtungen, der Ausbildungsstätten, der Träger sowie Fachleute der Kinder- und Jugendhilfe und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mitgewirkt hatten.
Der KMK-Unterausschuss Berufliche Bildung/Sozialpädagogische Berufe hatte zur Kenntnis nehmen müssen, dass dringender Handlungsbedarf bestand, die Erzieherinnenausbildung zu reformieren:
- Der 10. Kinder- und Jugendbericht – auch als Armutsbericht bekannt geworden – sprach von den veränderten Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen.
- Die Arbeitslosigkeit in den Familien wirkte sich bis in die Kitas aus.
- Die unterschiedlichen Kulturen des Aufwachsens von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund wurden zum Thema in den Tageseinrichtungen für Kinder und beeinflussten den Alltag gravierend.
- Erste Diskussionen über die Bedeutung der Pädagogik der frühen Kindheit und der ersten Stufe des Bildungswesens wurden geführt, zunächst unter wenigen Experten und oft gegen den Willen der Politik, die der Familienerziehung in den ersten sechs Lebensjahren immer noch strikt den Vorrang vor der verbundenen Kita- und Familienerziehung gab.
- Die Vereinigung Deutschlands wurde nicht als Chance für die grundlegende Reform der Tagesbetreuung in Deutschland genutzt.
- Europa wurde mit seinen unterschiedlichen Ausbildungsgängen zum Thema.
- Die enorme Weiterentwicklung der Erzieherinnenausbildung in Schleswig-Holstein: Anhebung des Ausbildungsniveaus, Abschaffung des traditionellen Fächerunterrichts.
Kern der neuen Rahmenvereinbarung waren die Auflösung der klassischen Unterrichtsfächer in sechs Lernbereiche, die Anhebung des Niveaus auf eine – zwar unechte – Fachschule als zwei- oder dreijährige, für alle Länder verbindliche Ausbildungsphase sowie die Definition eines Berufsprofils durch die Jugendministerkonferenz, die der Rahmenordnung beigefügt wurde. Dies waren die markantesten Änderungen.
Einigen Experten der Kinder- und Jugendhilfe und der GEW ging die Reform zwar nicht weit genug, aber sie war ein Schritt in die richtige Richtung. Sinngemäß sagte der brandenburgische Staatssekretär Gerd Harms zur Verabschiedung der Expertengruppe, dass diese Reform wohl die letzte sei, die die Abteilung Berufliche Bildung in der KMK bearbeitet habe. Die nächste Reformstufe müsse wohl stärker durch die Wissenschaftsminister gestaltet werden. Kritisiert wurde auch, dass die Umsetzung der Reform durch die Kultusminister der Länder oder Kultusverwaltungen äußerst schleppend vor sich ging, während viele Fachschulen sie von sich aus zügig zu Veränderungen nutzten.
Zwei Schritte vor und einer zurück
Die Umsetzung der Rahmenvereinbarung begann in den Ausbildungsstätten und schärfte das Profil vieler Fachschulen/ Fachakademien. Im Jahre 2002 verabschiedete die KMK eine Rahmenvereinbarung zur beruflichen Bildung. Mit dieser Vereinbarung sollte der Versuch unternommen werden, alle Fachschulen des beruflichen Schulwesens in Gleichklang zu bringen. Damit wurden auch die Fachschulen für sozialpädagogische Berufe wieder stärker an das System der beruflichen Ausbildung gekoppelt.
Die Ansätze der Rahmenvereinbarung von 2000 wurden zurückgenommen: Lernbereiche wurden zu Lernfeldern im Sinne der beruflichen Bildung umdefiniert, dem handlungsorientierten Ansatz wurde wieder Vorrang vor der disziplinorientierten Ausbildung eingeräumt. Völlig ignoriert wurden jedoch die Qualifikationsbeschreibungen und die didaktisch-methodischen Grundsätze. Es fand kein Austausch zur Jugendministerkonferenz statt. Die KMK hatte wieder die Oberhand. Wie bedeutsam die Qualifikationsbeschreibungen für die Veränderung der Erzieherinnenausbildung waren und sind, zeigt ein kurzer Auszug:
»Kinder- und Jugendliche zu erziehen, zu bilden und zu betreuen erfordert Fachkräfte,
- die das Kind und den Jugendlichen in seiner Personalität und Subjektstellung sehen.
- die Kompetenzen, Entwicklungsmöglichkeiten und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Altersgruppen erkennen und entsprechende pädagogische Angebote planen, durchführen, dokumentieren und auswerten können.
- die als Personen über ein hohes pädagogisches Ethos, menschliche Integrität sowie gute soziale und persönliche Kompetenzen und Handlungsstrategien zur Gestaltung der Gruppensituation verfügen. (…)
- die in der Lage sind, sich im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen wie auch mit Erwachsenen einzufühlen, sich selbst zu behaupten und Vermittlungs- und Aushandlungsprozesse zu organisieren.
- die als Rüstzeug für die Erfüllung der familienergänzenden und -unterstützenden Funktionen über entsprechende Kommunikationsfähigkeiten verfügen.
- die aufgrund ihrer Kenntnisse von sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhängen die Lage von Kindern und Jugendlichen und ihren Eltern erfassen und die Unterstützung in Konfliktsituationen leisten können.
- die Kooperationsstrukturen mit anderen Einrichtungen im Gemeinwesen entwickeln und aufrechterhalten können.
- die in der Lage sind, betriebswirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen sowie den Anforderungen einer zunehmenden Wettbewerbssituation der Einrichtungen und Dienste und einer stärkeren Dienstleistungsorientierung zu entsprechen.«1
»4. Didaktisch-methodische Grundsätze
Die Qualifizierung erfordert eine prozesshafte Ausbildung in enger Verzahnung der unterschiedlichen Lernorte, die die subjektiven Lernprozesse der künftigen Erzieher und Erzieherinnen berücksichtigt.
Zur vertieften Auseinandersetzung mit eigenen und fremden Erwartungen an die Tätigkeit eines Erziehers/einer Erzieherin in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern und im Verlauf der Ausbildung ist ein Konzept der Berufsrolle zu entwickeln.
Durch Analyse und Überprüfung der eigenen Reaktionsmuster und Einschätzungsmöglichkeiten sind Konzepte zu entwickeln, die die angehenden Erzieher und Erzieherinnen befähigen, ihr sozialpädagogisches Handeln auf der Grundlage eines reflektierten Fremdverstehens zu begründen.
Im Verlauf der Ausbildung ist die Fähigkeit zu entwickeln, eigenverantwortlich und zielorientiert bei Kindern und Jugendlichen Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsprozesse zu gestalten.
Zur Professionalisierung des eigenen sozialpädagogischen Handelns bedarf es der Wahrnehmung der beruflichen Tätigkeit als Prozess, in dem es darauf ankommt, Strategien für ein selbstständiges und eigenverantwortliches Handeln zu entwickeln, sie zu dokumentieren und zu überprüfen und dabei gleichzeitig die wechselnden Anforderungen der Praxis zu berücksichtigen.«
Die Qualifikationsbeschreibung und die didaktisch-methodischen Grundsätze in der Rahmenvereinbarung von 2000 nahmen die in der Praxis begonnene Diskussion auf. Die Umsetzung versprach, ein spannender Dialog zwischen Praxis und Ausbildung zu werden. Doch aufgrund des Eingangsniveaus vieler Studierender konnte diese Diskussion an vielen Fachschulen nicht weitergeführt werden. Der Bildungsverlauf, den die Absolventen bisher vollzogen hatten, entsprach dem Niveau der Ausbildungs- und Prüfungsordnung nicht.
Auf der Basis der Qualifikationsbeschreibung und der didaktisch-methodischen Grundsätze machten sich einige Fachschulen/-akademien auf den Weg und entwickelten vor dem Hintergrund des weiten Rahmens der KMK-Vereinbarung ein Ausbildungskonzept, das ihnen den Anschluss an die Hochschulausbildung ermöglichte. Modellversuche wurden in Richtung Europa gestartet, Kontakte zu Fachhochschulen geknüpft, innere Reformen wurden eingeleitet: So wurden die Umwandlung der Zensuren in Studienbücher und die Lernbereiche in den Kollegien diskutiert, neu gestaltet und in Verbindung mit überschaubaren Forschungsansätzen für die Praxis weiterentwickelt.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 05-06/07 lesen.