Wie gehen gut ausgebildete Mütter und kinderfreundliche Väter heute mit ihrem Nachwuchs um? Auf viele von ihnen wirkt die Titel-Zeile wie ein Gruselspruch aus dem vorvorigen Jahrhundert. Kinderbetreuung in Kitas und Krippen gehört zum Alltag vieler Familien, und zunehmend engagieren sich Eltern für Betreuungsbedingungen, die ihren Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen.
Ein Blick in die Praxis des Lebens mit Kindern.
Ingrid Danneker-Jöns ist Architektin und lebt in Hamburg. Sie ist 38 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Ihr Mann, ebenfalls Architekt, ist täglich zehn bis elf Stunden mit seinem Job beschäftigt, während sie freischaffend zu Hause arbeiten kann.
Den Sohn, er geht in die erste Klasse der Grundschule, wissen die Eltern nachmittags im Hort gut aufgehoben, die Tochter, zweieinhalb Jahre alt, geht in die Kita und fühlt sich dort wohl. Sie mag ihre Erzieherin, und wenn die Mutter sie abholt, hat sie manchmal noch keine Lust, nach Hause zu gehen.
Als der Sohn anderthalb Jahre alt war, bekam die Familie einen Krippenplatz für ihn und hatte keine Probleme mit dem Wechsel in den Kindergarten.
»Völlig klar, dass die Kinder bei uns an erster Stelle stehen«, sagt Ingrid Danneker-Jöns. »Ich würde auch eine Zeitlang aus dem Beruf aussteigen, wenn es sein müsste. Aber ob ich dann glücklich wäre…«
Maren Adam lebt mit ihrem Mann und zwei Söhnen, drei und fünf Jahre alt, im Landkreis Starnberg, in der Nähe Münchens. Immerhin gibt es dort sieben Kindergärten – bis auf einen schließen alle um 15.00 Uhr – und eine Krippe, die bis 17.00 Uhr geöffnet hat.
Ihre Tätigkeit als Flugdatenbearbeiterin musste die 37jährige aufgeben, weil es für die Kinder keine Krippenplätze gab. Doch seit dem dritten Lebensjahr gehen beide in den Kindergarten, und Frau Adam ist auf der Suche nach einer Halbtagsstelle. Sie ist froh, ihre Kinder gut untergebracht zu wissen. Zur Not hätte sie auch eine Tagesmutter bezahlt. »Aber dann müsste ich wahrscheinlich nur dafür arbeiten«, meint sie.
Die Hamburger Medienreferentin Kirsten Kadenbach, 41 Jahre alt, ist verheiratet und hat eine vierjährige Tochter. Eine Zeitlang blieb sie mit dem Kind zu Hause. »Doch irgendwann braucht ein Kind ein weiteres Umfeld, um sich die Welt anzueignen«, findet sie.
Schon fünf Wochen nach der Geburt ihrer Tochter bekam sie den ersten Arbeitsauftrag, saß zu Hause und schrieb. Stück für Stück fand sie wieder ins Berufliche, denn »Arbeit gehört dazu, für mein Selbstbewusstsein und für das Budget der Familie«.
Aber ein Krippenplatz gehörte nicht dazu. Deshalb teilte sie sich mit einer Freundin die Kinderbetreuung, um in einem Teilzeitjob weitere Aufträge annehmen und Dienstreisen antreten zu können.
Als ihre Tochter drei Jahre alt war, bekam sie einen Kitaplatz in einer Einrichtung, mit der sie sehr zufrieden ist: »Meine Tochter ist in einer immersiven Gruppe, hat eine deutschsprachige und eine englischsprachige Erzieherin. Sie war gerade sechs Wochen im Kindergarten, da unternahm die Gruppe eine Reise, und als meine Tochter zurückkam, schien es mir, als sei sie gewachsen. Etwas Besseres als eine gute Kita kann ich meinem Kind nicht bieten.«
Frauke Hildebrand, 37 Jahre alt, ist Philosophin und arbeitet als Projektmanagerin bei einer Stiftung. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern – einem Baby von acht Monaten und drei Schulkindern im Alter von 16, elf und neun Jahren – in einem brandenburgischen Dorf.
»Es ist wichtig, dass überall Krippen- und Kitaplätze vorhanden sind«, meint sie. »In Brandenburg und in Berlin haben wir sie, doch nicht in der Qualität, die ich mir wünsche, schon allein nicht vom Betreuungsschlüssel her. Es kommen neun Kleinkinder auf eine Erzieherin, und ich kriege das kalte Grausen, wenn ich in so eine Krippe komme. Da habe ich nicht dass Gefühl, dass es um Bildung geht, sondern es handelt sich lediglich um Aufbewahrung, solange die Kinder und Erwachsenen nicht so interagieren können, dass es fruchtbar ist. Deshalb bin ich dazu gekommen, dass ich die Unterbringung erst ab zweieinhalb Jahren sinnvoll finde. So war es jedenfalls bei meinen Kindern. Bei anderen kann ich das nicht beurteilen.«
Die Qualitätsdiskussion in der Kinderbetreuung verfolgt Frauke Hildebrandt, erlebt aber in der Praxis, dass Vieles nicht ankommt. Es ärgert sie auch, dass in der Krippendebatte der Anschein erweckt wird, die Familien – vor allem im Westteil des Landes – hätten Wahlfreiheit, wenn es nur genug Betreuungsmöglichkeiten gäbe. »Ich lebe zwar in Brandenburg«, erklärt sie, »habe aber trotzdem nicht das Gefühl, Wahlfreiheit zu haben. Ich würde nämlich gern zu Hause bleiben, mir die Betreuung der Kinder und den Haushalt mit meinem Mann teilen und trotzdem im Beruf weiterarbeiten. Dann noch eine gute Krippe und Kita in der Nähe – ich glaube, das wäre eine ideale Variante für viele Familien, wenn die Wirtschaft mitspielen würde. Die meisten Leute, die ich kenne, wünschen sich, in der ersten Zeit weniger zu arbeiten und mehr mit dem Kind zu leben, denn diese Zeit ist einmalig und kommt nicht wieder. Viele machen sich das später schmerzhaft klar.«
Dass die Debatte als Diskussion über die Mütter geführt wird, findet Frauke Hildebrandt geradezu desolat: »Es sind doch zwei Menschen, die ein Kind haben und für die das spannend ist. Auch für die Männer! Viele würden gern zu Hause bleiben, aber es funktioniert nicht. Nicht nur, dass es für die Beziehung besser wäre, wenn jeder am Leben, das der andere führt, Anteil hätte – es liegt auch in der Natur der Sache, dass gut ausgebildete Frauen arbeiten wollen. Also werden Männer gebraucht, die bereit sind, Lust und die Möglichkeit haben, in der Familie zu arbeiten. Deswegen möchte ich, dass über Eltern geredet wird, über Frauen und Männer, dass wir es, wenn Männer die Kinder betreuen, nicht als Ausnahme und Randerscheinung wahrnehmen.
Bei uns zu Hause praktizieren wir das: Mein Mann übernimmt die eine Hälfte und ich die andere. Das ist nicht unproblematisch und muss immer wieder neu ausgehandelt werden, weil natürlich jeder seine Wahrnehmung hat: Wer macht wie viel im Haushalt oder außerhalb? Wer ist wofür zuständig? Doch ich finde, das ist die einzige Möglichkeit, eine Beziehung zu führen, die lebendig und gut ist.«
Vater Frank, 35 Jahre alt und Antiquar, mischt sich ein: »Der kleine Wido ist mein letztes Kind. Mit ihm möchte ich die Zeit verbringen. Ich möchte nicht, dass das eine Krippenerzieherin macht, die ich nicht kenne. Außerdem macht es mir Spaß, also gebe ich das Kind nicht weg. Bei Antonia, die jetzt elf Jahre ist, habe ich das genau so gemacht. Sie saß im Ställchen, und ich habe Regale gebaut.«
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 04/07 lesen.