Portfolios in der Ausbildung, Teil 3
In der Diskussion über neue Ansätze in der Elementarpädagogik ist seit nicht allzu langer Zeit ein neuer Begriff aufgetaucht: Portfolio. Sieht man sich den Zusammenhang genauer an, in dem er steht – die Debatte um Beobachtung und Dokumentation –, erscheint er schnell als ultimatives Label für Qualität schlechthin.
Beginnend in Heft 12/05, stellt Dr. Axel Jansa den Portfolio-Begriff und die Ansätze, in denen er gebraucht wird, im Überblick dar, schätzt ein, was ein Portfolio in der Elementarpädagogik leisten kann, entwickelt Bausteine für ein vielperspektivisches Portfolio-Verständnis und möchte die Auseinandersetzung vorantreiben.
Die Bedeutung der Portfolio-Methode über den Elementarbereich hinaus
Nachdem die Einsatzmöglichkeiten und Chancen des Portfolios in der Elementarpädagogik dargestellt wurden, geht es nun um die Frage nach möglichen Konsequenzen für die Erzieherinnenausbildung. Fünf Argumente sprechen für die Verankerung der Portfolio-Methode in diesem Bereich. Im Folgenden werden sie anhand einiger Impulse und Beispiele untersucht, um Einsatzmöglichkeiten und Chancen in der sich verändernden Erzieherinnenausbildung zu skizzieren.
1. Pädagoginnen brauchen – so die Überlegungen im zweiten Teil – eine qualifizierte Vorbereitung auf die Begleitung der Bildungsprozesse von Kindern. Die Dokumentation und Reflexion der (Aus-) Bildungsprozesse angehender Erzieherinnen in Portfolios könnte die frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema auf drei Ebenen in Gang setzen: der inhaltlichen, der methodischen und der ausbildungsbiografischen.
2. Wenn im Sinne des Selbstbildungskonzepts »Bildung als Aktivität des Kindes« angesehen wird, dann müsste dieser Ansatz auch Konsequenzen für das Bild vom Menschen und sein Lernen insgesamt haben. Individualisierte und auf größere Eigenverantwortung zielende Lernformen auch und gerade in der Erzieherinnenausbildung werden notwendig.
3. Die Erzieherinnenausbildung findet derzeit noch im Rahmen schulischer Ausbildungsstrukturen statt. Die Schuldidaktik in Deutschland räumt individualisierten Lernentwicklungsinstrumenten und Leistungsbewertungsverfahren inzwischen einen größeren Stellenwert ein.
4. Die in den letzten Jahren in den einzelnen Bundesländern eingeführten lernfeldorientierten Ausbildungsordnungen der Fachschulen für Sozialpädagogik versuchen auf neue Anforderungen in den Berufsfeldern methodisch adäquat einzugehen, indem Kompetenzentwicklung und eine veränderte Lernkultur in den Mittelpunkt gestellt werden.
5. Die perspektivischen Veränderungen im Bereich der Erzieherinnenaus- und -weiterbildung weisen mittelfristig in Richtung auf modularisierte Verbundsysteme zwischen Fach- und Fachhochschulen mit dem Ziel des Bachelor-Abschlusses. Hier bedürfen einzelne Qualifizierungsbausteine einer begleitenden Verbindung.
Das Portfolio in der schuldidaktischen Diskussion
Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hielt das Portfolio zunächst in den USA als alternative Methode der Leistungsbeurteilung in die (schul-)pädagogische Diskussion Einzug. In Europa wurde die Portfolio-Methode in den neunziger Jahren am intensivsten in Schweden rezipiert, sowohl im Primar- als auch im Sekundarbereich, in denen sie heute zur gängigen Praxis gehört. Ein bekanntes und gut dokumentiertes Beispiel ist die Futurum-Schule bei Stockholm. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre wurde der Impuls auch in Deutschland aufgegriffen. Als Beispiel für den Sekundarbereich sei das Oberstufenkolleg in Bielefeld genannt. Ein Beispiel für den Primarbereich liefert die KLAX-Grundschule in Berlin, die sich, seit sie die Arbeit im Jahr 2001 aufnahm, direkt auf die Alta-Skola bei Stokholm, ihre Partnergrundschule, bezieht.
In den USA stand das Portfolio anfangs als Bereicherung der Formen der Leistungsbeurteilung im Zentrum. Das internationale Interesse verdankte es jedoch seiner »Doppelfunktion als innovatives Lehr-Lern-Instrument und alternatives Beurteilungsinstrument«. Die Grundannahme der Arbeit mit dem Portfolio ist auch hier die Vorstellung vom Lernen als einem »aktiven Konstruktionsprozess des Lernenden«. Als die drei wesentlichen Merkmale von Portfolios gelten, dass sie reflexiv sind – das Herzstück überhaupt –, dass sie adressatenorientiert, also für die Augen Dritter bestimmt, und partizipativ sind. Die Arbeit mit dem Portfolio zielt darauf, »sowohl die Lernergebnisse als auch den eigenen Lernprozess sichtbar und damit der Reflexion zugänglich zu machen. Solche metakognitiven Auseinandersetzungen mit dem eigenen Lernen gelten als Voraussetzung dafür, das eigene Lernen selbst steuern zu lernen«.
Hinter der »Doppelfunktion« verbirgt sich ein Spektrum verschiedener Arten von Portfolios, die sich am deutlichsten nach ihrem Zweck unterscheiden lassen. Das Portfolio als Leistungsbeurteilungsinstrument und das Portfolio als Entwicklungsinstrument bilden die Pole dieses Spektrums. Dabei bestimmt der jeweilige Zweck der Portfolioarbeit maßgeblich seinen Inhalt, die Auswahlprozesse der Dokumente und die Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden.
Wird das Portfolio als Leistungsbeurteilungsinstrument (showcase-portfolio) zur Darstellung eines erreichten Leistungsniveaus genutzt, enthält es am Ende nur die besten Leistungen und Ergebnisse. Bei diesen Beurteilungsportfolios handelt es sich um Leistungsmappen, in denen ausgewählte und überarbeitete Belege den erreichten Leistungsstand eines Schülers dokumentieren. Eine Beurteilung kann hier entweder mittels Feedback-Gesprächen mit einer betreuenden Lehrkraft erfolgen oder wie an Highschools in den USA bei Präsentationen, in denen die Schüler einem Lehrergremium ihre Fachportfolios vorstellen und sich den Fragen der Lehrer stellen, ein Verfahren ähnlich Kolloquien zur Verteidigung von Berichten oder Facharbeiten. Verglichen mit der tradierten klausurartigen Leistungsbeurteilung, gib es drei wesentliche Unterschiede:
- Der Inhalt, der beurteilt wird, ist ein individueller, wodurch Kompetenzen von Schülern gefragt werden.
- Der Prozess der Erarbeitung eines Leistungsnachweises wird wichtig im Gegensatz zur tradierten punktuellen Leistungsbeurteilung zu einem festgelegten Klausurtermin.
- Mit den Portfolios entstehen in der Regel (vorzeigbare) Produkte, die in der weiteren schulischen Arbeit präsentiert und so auch von anderen Schülern genutzt werden können.
Kontakt
Dr. Axel Jansa ist Dozent an der Fachschule für Sozialpädagogik des
Pestalozzi-Fröbel-Hauses in Berlin.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 03-04/06 lesen.