Was macht eigentlich … Achim Kniefel?
Falls Sie sich diese Frage in den letzten Monaten gestellt haben, weil der regelmäßige Kniefel-Beitrag in dieser Zeitschrift nicht mehr erschien: Sehr aufmerksam. Vielen Dank, dass Sie an mich gedacht haben. Ist ja sonst nicht mehr so üblich... Für die wenigen, die es interessiert: Weder war ich zu faul zum Schreiben noch in Übersee zur Langzeitrecherche. Ich hatte Burnout.
Burnout kennen Sie bestimmt: Es beginnt mit der Unlust, morgens aufzustehen. Menno, schon wieder so ein neuer Tag! Und dann auch noch die Kinder: Immer dieses Kommstdumal und Kannichmal… Und die Eltern erst! Immer haben sie nur eine gaaaanz kurze Frage beim Abgeben: Zum Öfterrausgehen oder Wenigerrausgehen oder zum Stand bei der Suche nach einer neuen Musikalischen-Früherziehungstante, die endlich besser ist als die vier vorherigen Enttäuschungen. Nicht zu vergessen: die Kolleginnen, die immer giftspritziger und rücksichtsloser werden – und das einem selbst auch noch vorwerfen!
Bricht Burnout richtig aus, will man sich nur noch zu Hause verkriechen, niemanden sehen, nichts tun … außer vielleicht ein passendes Buch lesen. Bernhard Buebs »Lob der Disziplin« bietet sich an – Burnout-Literatur in Reinform. Oder Michael Winterhoffs »Wenn Kinder zu Tyrannen werden«. Oder »Tyrannen müssen nicht sein«, auch von dem innerlich ausgebrannten Bonner Kinderpsychiater. Dort steht endlich schwarz auf weiß, was man die ganze Zeit fühlt: Die Kinder sind schuld am Burnout. Weil sie immer schlimmer werden, wie und weil auch ihre Eltern immer schlimmer werden. Wie gut es tut, das zu lesen, wenn man Burnout hat!
Für uns Bildungsjournalisten ist das besonders hart, für uns gibt’s keine guten Bücher zur Seelenpflege bei Burnout. Wie sollten die auch aussehen – unsere Klientel ist schließlich die Leserschaft: »Wenn Leser zu Tyrannen werden«? »Leser brauchen endlich Grenzen«?
Und was stünde drin? Dass inzwischen jede dritte Leserin total verhaltensgestört ist? Dass Texte immer flüchtiger gelesen werden, dass immer mehr Eselsohren in die Seiten geknickt werden? Dass nur noch zehn Prozent der Leser bereit und in der Lage sind, über die im Text eingebauten Pointen zu lachen? (Kleine Kunstpause, um zu sehen, was sich bei Ihnen noch tut....)
Nein, solche Bücher gibt es nicht, aus triftigem Grund: Könnte ich mir als Burnout-Autor so ein Buch kaufen und läse ich es, würde ich ja selbst zum Leser. Und wer will schon lesen, dass er an seinem eigenen Burnout-Syndrom Mitschuld trägt?
Vor einiger Zeit traf ich Professor Schlembacher, dem aufmerksame Leser (wenn es ihn überhaupt noch gibt) schon in mehreren meiner Reiseberichte begegnet sind (oder wären, wenn sie aufgepasst hätten, aber egal…). Schlembacher spazierte gerade mit seinem Dackel die kleine Straße zu den Weinbergen hinauf, an einem eigentlich recht angenehmen Nachmittag im Frühling. Doch der sonst so quirlige und vor Ideen übersprudelnde Professor nickte nur düster, als er mich durch seine Tropfenformbrille wahrnahm, um sogleich wieder in maskenhafte Starre zu versinken. »Sie auch – Burnout?« Erst nachdem ich diese Frage an ihn gerichtet hatte, bemerkte ich ein kurzes Erwachen in seinen Gesichtszügen. »Sie sind auf der richtigen Spur, Kniefel!« dröhnte er plötzlich energisch. »Auf der Spur einer Volksseuche! Aber ich habe es bereits herausgefunden: Burnout ist ansteckend, verursacht durch ein Virus!«
Das sei sensationell, entgegnete ich und fragte, ob er bereit sei, mir diese Entdeckung exklusiv zu schildern? Schließlich häuften sich die Erkrankungen am Burnout-Syndrom im Bildungsbereich, und da wäre es doch tröstlich zu erfahren, wie all dies entstünde. »Haben Sie Ihr großes Reportermikrofon dabei?« wollte Schlembacher wissen. Ich nickte. »Schalten Sie es ein!« Ich schaltete. Und stellte meine erste Frage: »Wissen Sie etwas über den Übertragungsweg?«
Mit unheilvoller Miene sah mir Schlembacher direkt ins Gesicht. »Die Mundwinkel. Das Virus überträgt sich durch Mimik und Sprache, aber vor allem über Mundwinkel, hängende natürlich.« Mein Blick heftete sich auf des Professors Mundpartie mit den tiefen Hängefalten. Später verstand ich, dass ich mich genau in diesem Moment angesteckt hatte.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 09/09 lesen.